Wahl im Ahorntal Bürgermeister-Kandidaten sorgten für volles Haus

  13.02.2019 - 08:24 Uhr Von Otto Lapp und Charlotte Pekel, 13.02.2019 - 08:24 Uhr KIRCHAHORN. Wahlkampf-Endspurt im Ahorntal, wo am Sonntag ein hauptamtlicher Bürgermeister gesucht wird. Und einziges direktes Aufeinandertreffen der beiden Kandidaten. Stephan Wickles (52, Wahlgemeinschaft Ahorntal) und Florian Questel (38, Grüne) lieferten sich einen fairen Abtausch. Mit vielen Gemeinsamkeiten und kleinen Unterschieden

10.02.19 –

Schon fast eine Stunde, bevor es losging, war jeder Platz besetzt. Wer später kam, musste stehen. Oder gehen. In den Saal im Gasthof Fränkische Schweiz in Kirchahorn quetschten sich mehr als 180 Menschen – das sind mehr als zehn Prozent der 1700 Wahlberechtigten in der kleinen Gemeinde. „Das kann sich sehen lassen“, sagte Kurier-Moderator Stefan Brand.

Auf der Bühne neben ihm saßen keine politischen Anfänger. Questel war schon Grünen-Kandidat für den Fürther Stadtrat und ist stellvertretender Sprecher der Grünen Bayreuth-Land. Wickles war CSU-Parteimitglied, Gemeinderat für die CWU und von 2008 bis 2010 stellvertretender Bürgermeister. Zwei, die unterschiedlicher nicht sein könnten.

Die Querelen der letzten Zeit

Wickles, der aus der Ahorntaler Gemeindepolitik kommt und dessen Familie „seit 200 Jahren“ im Ort verwurzelt ist. Der viele Entscheidungen der vergangenen Jahre mitgetragen und -entschieden hat. Und Questel, deutlich jünger, keine kommunalpolitische Verwurzelung, ein Unterfranke, zugezogen, der seine Frau im Ahorntal gefunden hat.

Beide haben die Querelen der letzten Zeit mitbekommen, die Rücktritte von Bürgermeistern, der Verwaltungsbeamte, dessen Probezeit nicht verlängert wurde, die Führung der Gemeinde durch das Landratsamt. Beide sind sich einig: Es sei Zeit, einen Schlussstrich zu ziehen. „Sonst werden wir in der Sacharbeit nicht weiterkommen“, sagte Wickles

Es gehe nicht um persönliche Befindlichkeiten. Der Bürgermeister habe die Pflicht, zum Wohl der Ahorntaler zu arbeiten. Allerdings liege die Entscheidung beim Gemeinderat. „Alle müssen versuchen, Disziplin zu halten und daran danken, warum sie gewählt worden sind.“ Questel ist sich sicher: „Leicht wird’s nicht.“ Die Fronten seien verhärtet, auch zwischen den Bürgern und dem Gemeinderat. Nach der Kommunalwahl im nächsten Jahr werde sich zwar alles neu sortieren.

Zweischneidiges Schwert

Als Ursache für die verfahrene Situation sieht er eine „falsche Informationspolitik“. Deshalb will er die Bürger „vernünftig informieren“, sagte er, dann komme auch das Vertrauen zurück. Vor allem eines versprach er: Transparenz.

Wickles gab zu Bedenken, dass „das mit der Transparenz ein zweischneidiges Schwert“ sei. Vor allem Informationen aus dem nichtöffentlichen Teil dürfe er nicht preisgeben. Aber er weiß, dass es dann „schwierig ist, dann laufen Gerüchte.“ Eine „Zwickmühle“: Zum einen wolle er, dass die Bürger wissen, was „gelaufen ist“, aber er dürfe es nicht sagen. Er regte an, einen externen Berater zu Hilfe zu rufen, um die Situation zu klären, die ihm auch gesundheitlich mitgespielt habe.

Questel konterte, dass es in den vergangenen Jahren keine Bürgerversammlungen gegeben habe. Dies will er wieder einführen. Außerdem riet er künftig zu überdenken, welche Punkte nicht-öffentlich behandelt werden müssen und welche nicht.
Im Grunde herrschte Einstimmigkeit – mit leichten Differenzen. Questel: lieber Transparenz; Wickles: Transparenz geht einfach nicht immer.

Gemeinsamkeit, auch wenn es um das neue Rathaus geht. Beide Kandidaten wissen, der Gemeinderat hat entschieden. Beide stehen dazu. „Es wird gebaut“, sagte Wickles, der selbst kein Freund des Neubaus war.

Einigkeit herrschte auch, als es um die Kindertagesstätte ging. „Ein Muss“, sagte Wickles angesichts vieler Paare, die zu zweit Geld verdienen müssten. Es sei „arrogant“, diese nicht zu bauen. Die Planung dafür sei „schon fortgeschritten“. Auch Questel rechnet mit einem steigenden Bedarf an Kindergartenplätzen. Die Schulkinderbetreuung sieht er am ehesten in der Schule. Und auch er will Kinderkrippen bauen. „Dies muss schon jetzt in die Wege geleitet werden.“

Feine Unterschiede

Aber wie sieht es mit den Möglichkeiten aus, diese Ziele zu verwirklichen? Hat der erfahrene Wickles Vorteile gegenüber einem Neuling Questel? Questel brauche keinen Heimat- und Sachkunde-Unterricht in Sachen Ahorntal. „Ich bin nicht seit 200 Jahren hier verwurzelt, aber ich bin sehr wissbegierig und lerne gern dazu.“ Und auf die Frage, ob seine politischen Kontakte reichen für kommunalpolitische Durchsetzungskraft, zählte er seine grünen politischen Kontakte auf, die ihm „mit Rat und Tat zur Seite stehen“. Und auch sonst kenne man ihn im Ahorntal in Vereinen – „ich bin nicht ganz untätig“.

Und dann gab es doch feine Unterschiede zwischen dem grünen Kandidaten und dem konservativen.

Wickles sieht die Attraktivität der Gemeinde auch im Ausweisen von neuen Baugebieten für junge Familien. Hier habe man „Spielraum“, vor allem für Familien. „Bei uns ist der Bauplatz bezahlbar.“ Halt, sagte Questel, „Baugebiete ja, aber ...“ Er warnte davor, dass in den Ortschaften Häuser verfielen, während außen Wohngebiete ausgewiesen werden. Als Gemeinde dürfe man nicht „immer in die Breite gehen“. Frage aus dem Publikum: „Warum haben Sie gebaut und nicht renoviert?“ Antwort: Seine Familie habe „die Chance bekommen und sie genutzt“.

Unterschiede auch beim Naturschutz: Wickles warnte, der Schwerverkehr dürfe nicht durch die Ortschaften gehen wie in Freiahorn. Der Naturschutz dürfe nicht gegen die Bürger gerichtet sein. Questel hingegen warnte: Im Ahorntal gebe es im Jahr 15.000 Übernachtungen. Da gelte es, das „Landschaftsbild zu bewahren“, die Natur nannte er „superschön“.

Questel will ein Zehn-Jahres-Ziel aufstellen, das er am liebsten mit den Bürgern in einer Umfrage erarbeitet hätte. „In Unternehmen hat man immer eine Zielvorgabe“, sagte Questel. Dies sei auch für eine Gemeinde wichtig.

Nicht am Bedarf der Bürger vorbei planen

Wickles mahnte, nicht am Bedarf der Bürger „vorbei zu planen“. Man sei gut beraten, bei Sprechstunden auf die Bürger zu hören. Umfragen seien nicht immer zielführend, weil sie oft an den Bedürfnissen der Leute vorbei gehen. Am besten sei der persönliche Kontakt. „Dafür ist der Bürgermeister da, zu einem Kompromiss zu kommen, der von allen getragen werden kann.“

Die Bürger hatten teils zuhause Fragen ausgedruckt, die sie den Kandidaten vorlegten – allesamt fair, aber spitz. Auch die nach dem hauptamtlichen, bezahlten Bürgermeisteramt. Ob die Kandidaten sich für einen ehrenamtlichen Posten zur Verfügung stellen würden? Questel: ja. Und wenn er nicht gewählt werde, kandidiere er für den Gemeinderat. Wickles: Nein. Er müsse seine Familie ernähren. Bei 1000 Euro weniger „reicht‘s nicht mehr.“

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