Pegnitz: Beeindruckendes Zeitzeugen-Gespräch zu Wackersdorf

Als normale Bürger zu "Staatsfeinden" wurden - auch ohne Protagonist Schuierer überzeugte die Veranstaltung - PEGNITZ - Eine spannende Veranstaltung: Die Pegnitzer Grünen haben im Regina-Filmtheater ein Gespräch mit Zeitzeugen der Proteste gegen die Wiederaufbereitungsanlage (WAA) in Wackersdorf organisiert.

05.11.18 –

Im Anschluss lief der Film "Wackersdorf" von Regisseur Oliver Haffner über die Leinwand. Doch die Hauptperson des Films und einer der Protagonisten des damaligen Widerstands war nicht da: Hans Schuierer, der ehemalige Schwandorfer Landrat, war leider an dem Termin krank. Landtagsvizepräsidentin Ulrike Gote (Grüne) forderte in Abwesenheit die Verfassungsmedaille für ihn.

Tränen in den Augen

Den Kontakt zu Schuierer hergestellt hatte ursprünglich Bürgermeister Uwe Raab (SPD). Er sei damals SPD-Ortsvorsitzender in Pegnitz gewesen. Mit seiner Frau Helga hätten sie sich bei den Wackersdorfer Sonntagsspaziergängen "die Tränen aus den Augen gewischt. Weil wir betroffen waren, aber auch, weil wir mit Tränengas ‚behandelt‘ wurden", berichtete Raab.

"Da waren ganz normale Menschen, nicht politisiert, die sind spazieren gegangen mit ihren Hunden", schilderte Carina Richter. Sie war mit ihrem damals vierjährigen Sohn in Wackersdorf. Pfingsten 1986 sei das gewesen. Da habe die Polizei angegriffen, sei mit Hubschraubern nur knapp über den Demonstranten gekreist, der Wind und Lärm sollte diese vertreiben. "Da sagte mein kleiner Sohn zu mir: ‚Gell Mama, die bringen uns jetzt alle um.‘" Zuvor war Richter als Krankenschwester vor allem friedensbewegt und kirchlich engagiert gewesen. Doch von den Behörden mit Krawallmachern in einen Topf geworfen und von der CSU als „Staatsfeinde“ tituliert zu werden, das habe sie geärgert. Und so habe sie sich politisiert, schildert Richter.

Gote hatte indes keine Ahnung gehabt von Wackersdorf, wie sie offen zugibt: "Ich habe in der Zeit des WAA-Baus in Bayreuth Geoökologie studiert. 1986 bin ich gekommen. Ich war selbst nicht in Wackersdorf, aber ich habe erlebt, wie hier eine ganze Region politisiert war – und wie auch die Studierenden regelmäßig nach Wackersdorf gefahren sind."

"Landrat sollte Verfassungsmedaille bekommen"

Sie sei stolz gewesen auf das, was die Menschen hier auf die Beine gestellt hätten, sagte Gote hinterher im Gespräch. Vor allem der Mut ganz normaler Menschen habe sie beeindruckt. " Mir hat das gezeigt, dass die Politik den Respekt vor dem, was die Menschen vor Ort bewegt, braucht – vor allem, wenn sich Menschen engagieren zum Wohle ihrer Heimat, wie Hans Schuierer."

Der ehemalige Schwandorfer Landrat sei immer noch nicht richtig anerkannt worden für seine damaligen Leistungen, meinte Gote: "Schuierer hat bis heute keine bayerische Auszeichnung bekommen, als Vizepräsidentin des bayerischen Landtags habe ich die Verleihung der Verfassungsmedaille mitbekommen, die hätte er schon lange verdient gehabt."

Sandra Huber moderierte den auch ohne den Protagonisten gelungenen Abend. Die Episoden der Zeitzeugen ließen den nachfolgenden Film unmittelbarer wirken, machten die für viele junge Menschen heute unbekannte Zeit greifbarer. Das Kino war jedenfalls bis auf den letzten Platz belegt. 

WOLFGANG KARL